Ein Beruf mit Zukunft – Lebensmittelhandwerk

Ausbildung im Lebensmittelhandwerk der Fleischer und Bäcker – Chancen so gut wie nie

Wenn man gern isst und genießen kann, kreativ ist und verstanden hat, was der Kunde möchte, dann ist man genau richtig in den Handwerksberufen Bäckerin/Bäcker, Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk Bäckerei und Fleischerin/Fleischer sowie Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk Fleischerei. Gute Bäckereien und Fleischereien bezahlen ihre Mitarbeiter sehr gut und bieten ihnen Weiterbildungen an.

„Trotzdem herrscht Fachkräftemangel bei den Bäckern und Fleischern und Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerk. Die Chancen sind zurzeit so gut wie nie, eine Ausbildungsstelle zu bekommen“, heißt es bei der Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg, die einen heimischen Betrieb befragt hat.

Während der Genuss von Wein seit jeher mit vielen blumigen Worten beschrieben wird, hieß es bei Fleisch und Brot oft nur „schmeckt gut“. Doch das ist schon lange vorbei.

Die familienbetriebenen Fleischereien und Bäckereien im hiesigen Landkreis werden meist seit mehreren Generationen in der Familie geführt.

Ein Beispiel ist die Landfleischerei Knorr aus Korbach (Eppe), die von André Knorr und seiner Frau Jessica betrieben wird. Sie bieten hochwertige Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Produktion an. Das Rindfleisch wird von heimischen Bauern aus dem Landkreis bezogen. Nicht nur auf beste Qualität des Fleisches, sondern auch auf Tradition legt die Familie Knorr besonders Wert. So wird unter anderem die Rinderwurst seit Ur-Opas Zeiten nach gleicher Rezeptur und Art hergestellt. Gleichzeitig bilden sie aus, doch das hat sich in den letzten Jahren als schwierig erwiesen.

Als Fleischerin oder Fleischer wird man in der Ausbildung zur / zum Expert/-in für Wurst- und Fleischwaren: Qualität, Zerlegung, Zubereitung, Präsentation und Verkauf – mit dem Fachwissen wählt man hochwertige Produkte aus und verarbeitet diese zu traditionellen und innovativen Spezialitäten. Man informiert und berät seine Kundschaft bei Fragen zu Herkunft, Inhaltsstoffen, Zubereitung oder Weiterverarbeitung.

Das Angebot an Ausbildungsplätzen im Landkreis ist groß, die Nachfrage von Schülerinnen und Schülern leider sehr gering.

Seit vielen Jahren hat das Handwerk zu kämpfen, überhaupt eine/n Auszubildende/n zu bekommen. Das geht nur über viel Werbung für das Handwerk und Mundpropaganda.

„Mit der Auszubildenden Selina Sophie Malkeev haben wir richtig Glück gehabt. Sie kommt aus dem Ort und bringt sehr viele Voraussetzungen für diesen Beruf mit“, so André Knorr.

Als Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandel sollte man sorgfältig arbeiten, kommunikativ sein und gern mit Menschen interagieren. „Selina Sophie besitzt die notwendige Geschicklichkeit und hat ein Auge für die richtige Präsentation, beispielsweise für die Vorbereitung der Warenpräsentation in der Auslage oder das Legen von Platten für Feierlichkeiten“, berichtet Jessica Knorr.

Wir fragten Selina Sophie Malkeev aus Korbach (Eppe), was sie bewogen hat, die Ausbildung zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk Fleischerei zu erlernen.

„Ich habe mein erstes Schulpraktikum bei Familie Knorr im Verkauf gemacht. Schon da habe ich gemerkt, dass mir der Beruf sehr liegt. Ich selbst bin ein sehr kontaktfreudiger Mensch und habe gern Leute um mich herum. Wenn die Kunden zu uns ins Geschäft kommen, muss ich sie nur anlächeln und dann bekomme ich immer ein Lächeln zurück. So macht die Arbeit Spaß.

Darüber hinaus habe ich Freude am Verkaufen. Es kommt nicht nur auf die richtige Warenpräsentation an, sondern auch auf das Beraten unserer Kundschaft. Hier kann ich mit ruhigem Gewissen bei der Wahl des richtigen Produkts und bei Fragen zur Herkunft, Inhaltsstoffen oder Zubereitung beraten. Denn wir wissen, wo das Fleisch herkommt und das ist sehr beruhigend.“

Aufgrund der zu geringen Auszubildenden und des neuen Zuweisungsmodells des Hessischen Kultusministeriums ist eine Beschulung ab Sommer 2022 in Korbach nicht mehr möglich. Welche Konsequenzen hat diese Entscheidung der Politik für dich Selina Sophie?

„Was die Entscheidung für mich bedeutet, habe ich auf der Mitgliederversammlung der Fleischer-Innung bereits geschildert. Als Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk besuche ich auch den Zusatzunterricht an der Berufsschule, um meinen Realschulabschluss nachzuholen. Ich bin nach der 9. Klasse in die Ausbildung eingestiegen, mit dem Ziel zur Ausbildung auch meinen Realschulabschluss zu erhalten. Jetzt muss ich mehr Zeit für die Fahrt zur Berufsschule nach Marburg investieren. Hinzu kommt, dass ich erst 16 Jahre bin und noch keinen Führerschein habe und auf Bus und Bahn angewiesen bin. Von den Kosten, die da auf mich zukommen, ganz zu schweigen. Für mich kam die Entscheidung total überraschend. Wir wurden mit der Suche nach einer neuen Berufsschule völlig allein gelassen.“

Was müsste sich deiner Meinung nach ändern, damit sich mehr junge Leute für die Berufe im Lebensmittelhandwerk interessieren?

In erster Linie sollte man mehr Werbung für die Handwerksberufe in den Schulen betreiben. Die Einführung jährlicher Praktika wäre sinnvoll und den Girls`- und Boys` Day mehrmals im Jahr anbieten. Die Lehrer und Eltern sollten die Berufe kennen, damit sie ihre Schüler und Kinder besser beraten können.

Mit der Ausbildung Fleischerin oder Fleischer kann man in Zukunft sagen: Darf's noch etwas mehr sein? Nach dem Abschluss der Ausbildung ist man Gesellin / Geselle. Man kann sich fachlich oder betriebswirtschaftlich weiterbilden und spezialisieren.

Ob Leitung einer Verkaufseinrichtung oder erste Führungspositionen. Der Weg zum/zur Verkaufsleiter/-in im Lebensmittelhandwerk steht einem ebenso offen.

Der Meisterbrief (Bachelor Professional) als Fleischer bzw. Bäcker oder eine Weiterbildung zum / zur Betriebswirt/-in nach der Handwerksordnung sind ebenfalls machbar – denn studieren kann man auch ohne Abitur.

All diese Möglichkeiten bietet das Fleischer- und Bäcker-Handwerk.

Und wer noch höher hinauswill, der kann Botschafter des guten Geschmacks werden. 

Als Fleischsommelier bekommt man die höchste Qualifikation, die in Deutschland zu diesem Thema erreicht werden kann.

In dem Beruf zur Bäckerin / zum Bäcker kann man sich ebenfalls die Krönung aufsetzen.

Eine preisgekrönte Fortbildung zum Brot-Sommelier und / oder zum Schokoladen-Sommelier werden ebenso angeboten. Hier kann man sich dann in seiner Region und darüber hinaus zum anerkannten Experten machen.

Ein Meisterbrief im Fleischer bzw. Bäcker- oder Konditoren-Handwerk oder eine vergleichbare Qualifikation ist Voraussetzung.

Informationen zu den Ausbildungsberufen im Handwerk erhält man bei der Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg in Korbach, Telefon: (05631) 9535 -100 und unter https://www.handwerk.de/.

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